Orchestercode: Spr, Bar, gem.Ch - 2 (Picc)/2 (EHr)/2 (BKlar)/2 - 4/3/3/1 - Pk, 2 Perc - Hf, Pf, Synth - Str
Bariton (1), Sprecher (m) (1), gemischter Chor (1), Flöte (2), Oboe (2), Klarinette (2), Fagott (2), Horn (4), Trompete (3), Posaune (3), Tuba (1), Pauke (1), Perkussion (2), Harfe (1), Klavier (1), Streicher, Synthesizer (1)
Beschreibung
"Die Kafka-Fragmente wurden ursprünglich angeregt durch das Kafka-Jahr 1983.
Den Text habe ich selbst nach den Acht Oktavheften sowie nach den Fragmenten aus Heften und losen Blättern frei zusammengestellt. Es handelt sich um eine Collage einzelner Notizen Kafkas, die meine subjektive Reaktion auf die Lektüre seiner Texte zum Ausdruck bringt. Die der Komposition zugrunde liegenden Bruchstücke sind in den oben genannten Sammlungen enthalten - weit verstreut inmitten zahlloser anderer Äußerungen. Es ist mir wichtig zu betonen, dass der Zusammenhang - der „rote Faden“ gewissermaßen, den ich durch die Anordnung der einzelnen Textfetzen herzustellen versucht habe, nicht Kafka selbst zuzuordnen ist, sondern wie auch meine Musik als meine persönliche Stellungnahme zu diesem Autor verstanden werden sollte, die mehr mein eigenes Verhältnis zu seinen Schriften als seine Person selbst kennzeichnet.
Die Aufteilung des Textes auf einen Sprecher, einen Sänger und den Chor versucht, die zwiespältige Beziehung Kafkas zu der ihn umgebenden Gesellschaft umzusetzen, wie sie sich in seiner Literatur widerspiegelt. So bilden Chor und Sprecher / Solist vielfach Antipoden und treffen oft einander widersprechende Aussagen; andererseits formt sich das Kollektiv immer wieder zum - in verschiedene Bewusstseinszustände gespaltenen - Sprecher des einzelnen und bringt so die Zerrissenheit des Individuums zum Ausdruck.
Musikalisch ist das Werk in sieben Abschnitte gegliedert und von einem kurzen Prolog und Epilog umrahmt, wobei ein sadomasochistischer Mittelteil den Bezugspunkt bildet („Ich habe einen starken Hammer…“). Harmonik und Melodik bewegen sich zwischen freier Tonalität und Atonalität und sind durch eine den Texten nachempfundene Polyrhythmik gebunden. Die Orchesterinstrumente werden nicht wesentlich anders eingesetzt als im traditionellen Repertoire des 20. Jahrhunderts, allerdings wird der Orchesterklang durch einen Synthesizer bereichert und verändert. Den Wunsch nach neuen Klangereignissen habe ich bewusst mehr durch den Einsatz dieses elektronischen Instrumentes als durch die Verfremdung eines traditionellen Klangkörpes umzusetzen versucht."
Martin Lichtfuss (1985 ?)
Auftrag: Wiener Jeunesse-Chor
Widmung: Günther Theuring
Uraufführung
15.5.1990 - Wien, Konzerthaus
Mitwirkende: Orchester der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Wiener Jeunesse-Chor, Eberhard Harnoncourt (Spr), Martin Winkler (Bar), Günther Theuring (Dir)
Sendeaufnahme
ORF - Österreichischer Rundfunk - Hörfunk, ORF/Landesstudio Tirol - Kulturhaus
Weitere Informationen: Das Werk wurde im Jahr 1987 mit dem 1. Preis der Stadt Innsbruck für Komposition ausgezeichnet.
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 29. 4. 2022): Lichtfuss Martin . Kafka - Fragmente. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/140270 (Abrufdatum: 20. 11. 2024).